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Integration durch Patenschaften!

„Wir treffen uns nicht, um ihn zu integrieren, sondern um miteinander einen Film anzuschauen oder zu quatschen.“ Oder zu kochen, Sport zu treiben, Freunde zu besuchen, zu feiern. Wenn Peter Mattenklodt erzählt, was er, seine Frau Annette und die drei Kinder mit dem jungen Asylbewerber unternehmen und erleben, wird schnell deutlich: Da hat ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling (UM) in Bamberg beste Freunde gefunden.
 
Der 17-jährige Afrikaner, den die fünfköpfige Familie aus Gaustadt ins Herz geschlossen hat, ist einer von momentan 20 so genannten UM, für die das Don-Bosco-Jugendwerk in Bamberg Paten gesucht und gefunden hat. Im Idealfall leisten Paten das, was Jugendhilfeträger und deren Personal nicht leisten können: Sie geben etwas Nestwärme und nehmen die Heranwachsenden in ihre familiären, vielleicht auch beruflichen Netzwerke auf. „Die Paten machen ganz viel für die gesellschaftliche Akzeptanz von Flüchtlingen“, sagt Jugendwerk-Gesamtleiter Emil Hartmann.
 
Auch im städtischen Jugendamt berichtet man von ausnahmslos guten Erfahrungen mit Patenschaften für Flüchtlinge. Wichtig ist aus Sicht von Amtsleiterin Christine Behringer-Zeis, dass die Paten fachlich betreut werden. Das erfolge beim Don-Bosco-Jugendwerk vorbildlich. Andernfalls sieht sie die Gefahr, dass sich Paten aufreiben oder über das Ziel hinausschießen und versuchen könnten, den jungen Menschen sämtliche Steine aus dem Weg zu räumen. Das wäre laut Behringer-Zeis fatal. Ihre Begründung: „Die jungen Männer haben es geschafft, über tausende Kilometer hierher zu kommen. Da darf man sie um Gottes Willen nicht zur Unselbstständigkeit verführen.

Nestwärme und mehr

Was das Jugendamt und die Verantwortlichen im Don-Bosco-Jugendwerk – Projektleiterin ist Regina Jans – von den Paten erwarten, ist, dass sie den Jugendlichen familäre Geborgenheit geben, sie an den Alltag und die Kultur in ihrem Gastland heranführen. Sie sollen die notwendigen Schlüsselqualifikationen lernen, ohne die hierzulande im Berufsleben nichts geht. Aber auch gesellschaftliche Unterschiede kennenlernen, wie zum Beispiel die Rolle der Frau in der westlichen Welt.

Trunk: Enormes Potenzial

Die Integrationspatenschaften, die das Don-Bosco-Jugendwerk als einziger Jugendträger in Bamberg bei der Betreuung von UM konsequent einsetzt, finden auch die Unterstützung der regionalen Wirtschaft. IHK-Präsident Heribert Trunk glaubt, dass sie wichtig und nötig sind, um junge Asylbewerber in den Arbeitsmarkt zu integrieren. 55 Prozent von ihnen seien noch keine 25 Jahre alt. „Ein enormes Potenzial“, sagt Trunk, „das aber kaum ,gehoben‘ wird“.

Der Bamberger Unternehmer unterstützt schon länger das Don-Bosco-Jugendwerk und dessen Schülerpaten-Projekt. Dieses wurde vor rund zwei Jahren auf junge Flüchtlinge übertragen, eins zu eins, wie Hartmann sagt. Und das mit messbarem Erfolg: Alle 15 UM der ersten Generation haben im Sommer den Hauptschulabschluss geschafft. Jugendwerks-Gesamtleiter Hartmann ist darauf fast so stolz wie die Absolventen selbst.Zu den erfolgreichen Absolventen gehört das „Patenkind“ von Familie Mattenklodt. Der 17-Jährige hat sogar den „Quali“ in der Tasche – eine enorme Leistung, wenn man bedenkt, dass der junge Afrikaner erst vor eineinhalb Jahren nach Bamberg gekommen ist und damals kein Wort Deutsch sprach. Inzwischen macht er eine Ausbildung in einem technischen Beruf.Die guten Erfahrungen aus Bamberg sprechen sich herum.

Auch dank Trunks „Werbung“ soll das Integrationspaten-Modell demnächst im Raum Kulmbach und Hof realisiert werden. In Bamberg wird es von drei Institutionen getragen: dem Don-Bosco-Jugendwerk, der Chance-Jugend-Stiftung und der Schmid-Kayser-Stiftung. Nicht nur die jungen Flüchtlinge profitieren davon, wenn sich Einzelpersonen oder Familien ein bisschen um sie kümmern. Als Pate bekomme man auch ganz viel zurück, vor allem auf der menschlichen Ebene. Auch bei der Gaustadter Familie hat sich der Kontakt mit dem Freund aus Afrika offenbar nach kurzer Zeit zu einem Gewinn für beide Seiten entwickelt. Alle fünf würden sie die Patenschaft als Bereicherung erleben, versichert der Familienvater. Er grinst über das ganze Gesicht, als er erzählt, dass das Interesse des eigenen Nachwuchses am Familienleben deutlich zugenommen habe, seit der 17-Jährige in ihr Leben getreten ist.

Peter Mattenklodt: „Wenn er kommt, steigt die Chance, dass ich abends auch meine beiden großen Kinder sehe.“ Schlechte Erfahrungen, die mit der Übernahme der Patenschaft in Verbindung stehen, verneint der Gaustadter. Das Gegenteil sei der Fall. Mattenklodt berichtet von Freunden, die anfangs skeptisch waren. Dann hätten sie den jungen Flüchtling kennen gelernt und Vorbehalte abgelegt. Einige ihrer Bekannten seien inzwischen sogar „angesteckt“ und hätten selbst eine Patenschaft übernommen.

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